„Ich wollte zurück auf die Insel Rügen“

Sylva Rahm-Präger und die Molkerei Poseritz

Es ist später Nachmittag. Die technischen Geräte im Produktionsraum der kleinen Molkerei stehen still. Der Boden ist feucht vom Schrubben und Wischen. Durch die Fenster dringt warmes Abendlicht. Im Eingangsbereich stehen Kisten randvoll gepackt mit Wildfruchtaufstrichen und Sanddornsaft. Obenauf liegen druckfrische Etiketten und Preispistolen. Vor einer Stunde wurde hier das letzte Glas verschraubt und mit dem nostalgischen Aufkleber – ein strahlendes Milchmädchen – versehen. Die Schicht der Mitarbeiterinnen ist beendet. Im Hofladen und im Café herrscht noch reger Betrieb.

Abseits der Touristenpfade befindet sich eine der kleinsten Molkereien des Landes, die „Rügener Inselfrische“ in Poseritz. Chefin ist Dr. Sylva Rahm-Präger. Im Wintergarten erzählt sie Gästen aus dem Produktionsalltag. 500.000 Liter Milch und 25 Tonnen Wildfrüchte werden jährlich von den 14 Mitarbeiterinnen, zwei Mitarbeitern und Sylva Rahm-­Präger zu Joghurt, Quark und Frischkäse verarbeitet – ohne Zusatzstoffe und chemische Zusätze. Die Milch stammt von Poseritzer Kühen, die Säfte kommen von Produzenten aus der Region.

Mit der Molkerei, in der die gesunden Naturprodukte hergestellt werden, hat sich die Agrarwissenschaftlerin Sylva Rahm-Präger im Jahr 1998 einen Traum erfüllt. Dafür hat sie den Städten Berlin und Hannover den Rücken gekehrt: „Ich wollte weg von der Genforschung und zurück auf die Insel Rügen.“ Die hatte sie im Alter von 16 Jahren verlassen, um in Velgast eine Berufsausbildung zu absolvieren und später an der Humboldt-Universität in Berlin zu studieren. Zurück auf der Insel hat sie dann mit Hilfe eines erfahrenen Molkereimeisters einen ehemaligen Schweinestall zur Molkerei umbauen lassen. Die Nachfrage nach den Produkten aus der Poseritzer Molkerei ist ungebremst. Fünf Mal die Woche beliefert ein Fahrer Läden, Kliniken, Gaststätten, Hotels auf der Insel Rügen und in Stralsund. Der Wagen ist bis unter das Dach mit Konfitüren, Gelees, Joghurt und anderen Milchprodukten gefüllt. Auch große Märkte wie Netto oder Edeka gehören zu den Abnehmern. Rund 1,3 Mio Euro Umsatz erwirtschaftet die „Rügener Inselfrische“ in einem Geschäftsjahr. Vor zehn Jahren waren es noch 350.000 Euro.

Neue Rezepte kommen von den Käufern selbst. Die Frischkäsebällchen mit Meerrettich oder Paprika beispielsweise sind auf Kundenwunsch entstanden. Den Quark mit Sanddorn hat Sylva Rahm-Präger selber im Team durchgesetzt – heute gehört er zu den Rennern im Sortiment. Etwa 12 Tonnen dieser vitaminreichen Frucht werden jährlich benötigt. „Die Menge ist zu groß, um sie von der Insel zu beziehen“, bedauert sie. Deshalb kommt der Sanddorn aus anderen Teilen der Bundesrepublik. Schlehen, Holunder, Wildkirschen und alle anderen Wildfrüchte stammen von regionalen Produzenten.
28 Milch-Produkte und 18 verschiedene Fruchtaufstriche stehen derzeit auf der Angebotsliste.

Sylva Rahm-Präger brennt für Rügen und ihr Unternehmen. So ist sie im gesamten Bundesgebiet auf Messen und Märkten wie dem Rügen-Markt in Thiessow unterwegs, um ihre Heimatinsel und die Milchprodukte mit wohlklingenden Namen wie Vanilletraum bekannt zu machen. Sie schätzt den direkten Kontakt zu Kunden und deren Wünsche genauso wie ein eingespieltes Team. Einmal täglich wird im Kollegenkreis über das aktuelle Tagesgeschehen, aber auch über Ängste und Bedürfnisse gesprochen. „Das schweißt zusammen“, weiß Rahm-Präger.

Auch nach Feierabend ist die agile Geschäftsfrau aktiv. So geht sie mehrmals die Woche Reiten und gibt selbst auch Unterricht. Es ist ihr wichtig, Menschen in diesem Land für gesunde Lebensmittel zu begeistern und ihren Wunsch nach Produkten ohne Zusatzstoffe und chemische Zusätze in die Welt zu tragen. „In den Jahren 2019/2020 wurde die Produktion neu gebaut – mit einer 20 Meter breiten und sechs Meter hohen Glasfront, so dass jeder freien Blick in die Fertigung hat“, erzählt die Unternehmerin stolz.

Weitere Informationen:
www.ruegener-inselfrische.de

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