Knabenkraut, Händelwurz und Waldvögelein

Orchideen wachsen auch auf Rügen, doch sie sind selten und gefährdet

Nur kurze Zeit im späten Frühjahr blühen auch auf Rügen die Orchideen. Mit sinnlicher Schönheit verführen sie Insekten dazu, ihr Leben zu sichern. Sensibel sind sie und selten dort zu finden, wo der Mensch sich unachtsam ausbreitet. Es soll Rügener geben, die ihre Gäste mit verbundenen Augen und einem großen historischen Bestimmungsbuch in der Hand an geheime Plätze führen, um ihnen ganze Felder dieser Blütenpflanzen zu zeigen. Dabei verkünden sie lautlesend die Poesie der Namen, dieser so exotisch wirkenden Blumen: Knabenkraut und Händelwurz, Sonnentau, Frauenschuh und Waldvögelein.

Auf Rügen konnten bislang mehr als 25 Arten entdeckt werden. Ihr bevorzugter Lebensraum sind die Kalktrockenrasen. Besonders im Nationalpark Jasmund findet sich diese besondere Vegetationsform, wo der Kreidegrund bis an die Erdoberfläche reicht. Wer die Insel kennt, weiß, wo früher Kreide abgebaut wurde und findet die Schatzkammern der Natur. Doch auch an den Hängen der Kreideküste Jasmunds, die durch Wind und Wetter ständig in Bewegung sind, können die schönen Orchideen wachsen.

Orchideen produzieren zahlreiche winzige Samen, die im Gegensatz zu den Samen der meisten anderen Pflanzen kein Nährgewebe besitzen und zur Keimung auf einen Wurzelpilz angewiesen sind. Diese Symbiose von Pilz und Orchidee nennt man Mykorrhiza. Die meisten Orchideen gehören zu diesen Saprophyten, also Pflanzen, die ihre Nährstoffe nicht oder nur unzureichend aus der Photosynthese beziehen. Haben die Jungpflanzen nach der Anschubphase endlich eigene Wurzeln und Blattorgane ausgebildet, ernähren sich die Orchideen überwiegend selbst. Doch es gibt auch Arten, die Zeit ihres Lebens auf diese Form des Parasitismus angewiesen sind.

Zur Bestäubung greifen Orchideen in die Trickkiste. Das Rote Waldvöglein zum Beispiel wächst stets in der Nähe von Glockenblumen. Es bietet selbst keinen Nektar, doch es wird von Bienen mitbestäubt, die zuvor die Glockenblume bestäuben. Gleiches gilt für den Frauenschuh, der mit einer Kesselfalle operiert: Bienen werden angelockt und landen in einer Art Trichter, aus dem sie so leicht nicht mehr herauskommen. Sie müssen sich durch einen schmalen Ausgang zwängen, bei dem sie Pollen streifen, die an ihnen haften bleiben. Mit diesen fliegen sie anschließend zur nächsten Orchideenblüte, wo der Staub auf der weiblichen, klebrigen Narbe abgestreift wird.

Intensive Waldbewirtschaftung gefährdet das Vorkommen vieler Orchideen. Sie leiden unter dem Einsatz großer Maschinen ebenso wie an Bestockung mit Nadelhölzern. Außerdem werden Orchideen immer noch von „Sammlern“ gepflückt beziehungsweise ausgegraben. Insbesondere auf den prachtvollen Frauenschuh haben es viele abgesehen. Daher werden manche Orchideenvorkommen sogar bewacht. Dabei vergessen die Sammler häufig, dass Orchideen bei ihnen zu Hause im Garten so nicht gedeihen können wie im Wald, da ihnen ihre lebenswichtigen Pilzpartner fehlen.

Weitere Informationen:
www.nabu.de

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