„Auch Brot braucht eine Heimat“

Bäckermeister Nils Peters schafft mit seinen Produkten regionale Identität

Ob er wohl mit verbundenen Augen den Geschmack seines eigenen Brotes erkennen würde? Nils Peters ist sich sicher. „Wie der Winzer die Trauben aus seinem Wein raus schmeckt, gibt es auch im Bäckerhandwerk ein gewisses Grundrauschen“, erklärt er. „Wie rösten wir? Wie malzen wir? Auch das Wasser ist regional unterschiedlich. Und so backt jeder Bäcker ein anderes Brot“, verrät ein Meister seines Faches bei einem Besuch. Wir sitzen in seinem Büro in Mukran. Viel Licht, beste Aussicht auf die Ostsee, auf dem Fensterbrett ein Fernglas. Zum Kaffee gibt’s frisches Brot – die neueste Baguette-Kreation. Krümel auf dem Besuchertisch sind im Unternehmen normal. Nils Peters hat dafür extra eine geheime Lade in den rustikalen Holztisch einbauen lassen. Da werden die Krumen dann mit einem Wisch einfach reingefegt.
Wenn Nils Peters über sein Handwerk spricht, möchte man als Zuhörer spätestens nach zehn Minuten am liebsten selbst Bäcker werden. Dabei liegt dem 45-Jährigen nichts ferner als seine Branche zu romantisieren. Peters gehört zu den Bodenständigen. Ganz ohne Zweifel. Doch klingt es einfach erstaunlich, wenn er von „wilden Hefen und sensiblen Teigen“ spricht, davon, wie sich die Dynamik im Teig ändert, je nach Menge, die geknetet wird und wie die Luft in der Backstube sich zusammensetzt. Durch seine Worte klingt es nach dem, was es tatsächlich ist: einem Kunst-Handwerk.
Nils Peters wollte schon als kleiner Junge Bäcker werden. Otto Peters, der als Konditormeister 1964 ein kleines Geschäft in Sassnitz eröffnete, hat’s dem Sohn quasi in die Wiege gelegt. Der lernt ab 1991 in der traditionsreichen Bremerhavener Stadtbäckerei Engelbrecht, wird ein Frühaufsteher in zweiter Generation. Gemeinsam mit Mutter Ursula übernimmt Nils Peters 2003 die Geschäfte der Konditorei und Bäckerei – damit ist der Generationswechsel vollzogen.
Das Unternehmen ist längst fester Bestandteil der Rügener Ess- und Lebenskultur. In der gläsernen Bäckerei
wird der einzigartige Geschmack einer zauberhaften Region quasi verbacken. Gearbeitet wird an Buchenholztischen. „Zwei Hände bringen bei uns den Teig in Form“, erzählt Nils Peters. „Hände können vieles ausgleichen, was Maschinen so nicht leisten können“, weiß der Bäckermeister. Für ihn ist ein gutes Brot nicht nur eines, das schmeckt. „Das können viele“, meint der zweifache Vater schmunzelnd. „Wichtig ist, dass es uns auch gut tut.“
Und so hält er mit seinem Unternehmen auch Versuchungen stand, die der Zeitgeist mit sich bringt. „Hipster-Produkte“ sind nicht sein Ding. „Ernährungstrends werden oft künstlich erzeugt“, weiß Peters. Stetiges Wachstum um jeden Preis? „Nein, Danke“, ist Teil seiner Philosophie. „Mir ist wichtig, dass wir wirtschaftlich stabil sind und und gut agieren können“, bekennt Nils Peters. „Jeder soll sich ein gutes Brot leisten können.“ Und weil es dazu vor allem gutes Mehl braucht, mahlen der Bäckermeister und sein Team den wertvollen Rohstoff jetzt sogar selbst. Nils Peters setzt dabei vor allem auf Rügener Dinkel. Mit lokalen Bauern in Kontakt zu sein, die reifen Ähren zur Ernte auf den Feldern auch mal selbst zwischen den Fingern zu fühlen, ist ihm wichtiger als schwankenden Gesetzen des Weltmarktes hinterherzuhetzen. Und so ging kürzlich seine erste Vollkorn-Mühle in Betrieb. Mittelfristiges Ziel: Der Bau eines Kornlagers, von dem dann auch andere Bäcker profitieren könnten.
Peters schafft kulinarische Identität. Mit „So schmeckt Rügen“ haben er und sein Team schon vor Jahren drei besondere Brote kreiert. Für „Rapshonig“, „Rauchkorn“ und „Salzwiese“ hat er in seiner Bäckerei experimentiert und Brote als Botschafter kreiert. Ausgefallen Leckeres ist entstanden. Dabei geht Nils Peters durchaus mutig zu Werke. Oder wer sonst legt ganze Roggenkörner in den Rauch von Buchenspänen oder krönt ein anderes Brot mit Heu von Mönchguter Kräuterwiesen? Diese Serie kann übrigens auch online bestellt werden und ist eine kulinarische Reise über die Insel Rügen.
Das Logo der Bäckerei Peters steht heute auf 12 Filialen in Sassnitz, Binz, Sellin und Sagard. Es gibt die verschiedensten Backwaren und sogar Eis aus eigener Produktion. Etwa 100 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt, das auch eng mit Kindergärten und Schulen kooperiert. Und noch eine Besonderheit gibt es: In 365 Nächten im Jahr können Frühaufsteher den fleißigen Bäckerinnen und Bäckern ab ein Uhr durch die Panoramafenster beim Backen über die Schultern schauen.
Autorin: Ina Schwarz

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