Anders sehen, um das Andere zu sehen

Fotografin und Grafikerin Christine Koch hat neue Heimat gefunden

Christine Koch empfängt mich in ihrem kleinen Atelier unter dem Dach in der Altstadt von Stralsund. „Hier bin ich angekommen“, sagt sie. Lebenslang begleitete die gebürtige Dresdnerin die Sehnsucht nach der Ostsee. Mit über 70 Jahren wagt sie einen großen Schritt. Sie löst ihr Atelier in Dresden auf, lässt 80 Prozent der Dinge, die sie bis dahin umgeben haben, los – verschenkt, entrümpelt, gibt frei. „Ich bin wirklich nur mit dem gegangen, was ich wirklich zum Leben brauche“, so die 73-Jährige.
Ihr Einstieg in ein neues Leben mit dem Meer fällt 2021 in die Corona-Zeit, ist still, mitunter einsam und immer wieder von kleinen Wundern begleitet. Bei einem Spaziergang am Sund stößt die Fotografin auf einen Bücherschrank. Beim Stöbern fällt ihr ein Buch von Eckhard Tolle in die Hände. „Leben im Jetzt“ ist sein Titel. Als sie zwischen den Seiten dann noch ein vierblättriges Kleeblatt findet, weiß Christine Koch, dass sie alles richtig gemacht hat. „Tolle ist seitdem jeden Tag bei mir“, erzählt sie.

Als Grafikerin hat Christine Koch einen geübten Blick. Ihn nährt sie mit Offenheit, Neugierde und großer Interessiertheit. Für sich und andere hat sie damit das „anders sehen“ entwickelt. So nennt sie auch ihren Internetauftritt. Dort beschreibt sie diese Magie des „anders sehen“ mit den Worten: „Den Zauber unscheinbarer Dinge wahrnehmen. Nah an etwas herantreten, um sein Wesen zu spüren. Verschlossene Türen öffnen. In fremde, verwilderte Gärten eintreten…“
Christine Koch fühlt sich nicht als Künstlerin. Sagt sie zumindest. Vielmehr benutzt sie ihre Gaben als Mittel, um Brücken zu bauen. „Ich mag es, einen überraschenden Moment mit jemandem zu teilen.“
Überraschende Momente verdichten sich oft in Fundstücken, die sie mit allen Sinnen entdeckt: am Wegesrand, in Ecken und Nischen, hinter, neben, unter oder über dem Offensichtlichen. Vieles hält sie mit der Kamera fest, einiges verschwindet in der Jackentasche, anderes schleppt sie mit Ausdauer und Kraft bis unter ihr Dach. Darunter verwittertes Metall, Bleche, Eisenhaltiges. „Stünde ich vor der Wahl, eine antike römische Statue oder ein verformtes Stück Eisenblech in meiner Wohnung aufzustellen,ich würde mich für das rostige Teil entscheiden. Die Skulptur ist ohne Makel. Sie ist vollendet und meisterlich perfekt. Das Metall ist vom Zufall, von der Zeit und den Elementen bearbeitet. Dadurch entsteht etwas, was außerhalb unserer Absicht liegt. Es ist anders und zieht mich magisch an“, beschreibt die Rostliebhaberin ihre Faszination.

Christine Koch liebt ihr neues Wirkfeld an der Ostsee. Ihr Leben mit wichtigen Stationen in Dresden, Leipzig und Berlin hat Risse und Tiefen. Doch immer wieder hat sie die eigene Befreiung in den Fluss gebracht. Der größte Sprung vor einigen Jahren vollzog sich innerlich: „Als die Liebe zu mir selbst aufbrach. Seitdem geht es mir so gut wie nie zuvor mit mir.“

Schon mit einigen Ausstellungen und Workshops hat sich Christine Koch der Hansestadt vorgestellt. Im Frühjahr startet sie ein umfangreiches Projekt an der Bürgerakademie. Ab dem 23. März an sieben aufeinanderfolgenden Terminen wird sie mit Teilnehmern in eine ganz eigene Welt eintauchen. Es ist die Einladung zu einer Entdeckungsreise in die eigene Wahrnehmung. „Wenn wir anders sehen, sehen wir auch das Andere“, sagt die Lebenskünstlerin.

Mehr Infos dazu und Einblicke in die Gedanken und Schaffen von Christine Koch gibt es unter
www.das-andere-sehen.com

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