Der Hering ist das Silber des Meeres

Brotfisch der der Küstenfischer wird zur wertvollen Rarität

Silbrig glänzend, mit einem bläulichen Schillern sieht der frische Hering aus wie im Märchen. Anders als früher, wo er hunderttonnenweise aus den Küstengewässern rund um die Ostsee gefischt wurde, ist er heute eine Rarität. Der einstige „Brotfisch“ der Rügener Fischer wird mittlerweile stückweise verkauft. Hering ist so wertvoll, wie er aussieht und sein Verschwinden prägt auch den kulinarischen Umgang damit. Die 15 Heringe, die der Fischer im April für mich übrighatte, werden sorgfältig zu Brathering verarbeitet, der Rogen wird sanft eingesalzen und später gerieben und zu Spaghetti serviert, die Heringsmilch frisch gebraten. Und jede Mahlzeit ist mit der Wehmut verbunden, dass mit dem Rückgang der Heringe, auch die Küstenfischerei ihren Boden verliert und eine Kultur, die prägend für viele Gemeinden war, möglicherweise verschwindet.

Obwohl Fischer kaum noch Hering fangen dürfen, erholen sich die Bestände in der westlichen Ostsee nur wenig. Regelmäßig ab März sammeln sie sich in flachen Gewässern wie dem Greifswalder Bodden, um ihren Laich an Wasserpflanzen abzulegen. Doch seit 2005 gehen die Bestände rapide zurück. Wissenschaftler suchen nach den Ursachen und forderten, die Fangquoten zu verringern. Durften einst bis zu 20.000 Tonnen Hering in Mecklenburg-Vorpommern gefangen werden, waren es zuletzt nur noch 436 Tonnen.

Eine Erklärung für den Rückgang, ist der Klimawandel. Und dieses Beispiel zeigt, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Ökologie und Ökonomie sind. Heringe sammeln sich vor dem Laichen in der Ostsee bei Sassnitz und warten darauf, dass die Wassertemperatur in den Laichgebieten auf 4 Grad steigt. Dann ziehen sie als Schwarm los. In den flachem Boddengewässern finden sie Pflanzen, an denen sie ihren Laich ablegen können und Nahrung für die jungen Heringe. Wenn die Larven ihren eigenen Vorrat an Nahrung aufgebraucht haben, brauchen sie Kleinkrebse, um zu wachsen. Doch diese sind so früh im Jahr oft noch nicht geschlüpft und so verhungern viele Heringslarven, bevor sie ausgewachsen sind.
Neben der Erwärmung, spielen auch Fressfeinde wie der Stichling eine Rolle in dem Drama und die Nährstoffeinleitungen der Landwirtschaft. Dünger im Wasser fördert das Algenwachstum, diese verbrauchen Sauerstoff und Licht und bringen das Ökosystem durcheinander. Doch es gibt Hoffnung – denn wenn die Quoten weiterhin begrenzt bleiben, können die Bestände sich nach Aussage der Wissenschaftler vom Thünen-Institut für Ostseefischerei so weit erholen, dass eine Fangquote von 10.000 Tonnen Hering wieder denkbar wird, allerdings erst in fünf bis sieben Jahren. Doch können die letzten Fischer, die auch sonst kaum noch Fisch fangen dürfen und mit reduzierten Beständen zu kämpfen haben, solange durchalten?

Für die kleine Küstenfischerei rund um Rügen bleibt die Situation schwierig, denn ihr traditionsreiches Handwerk steht im Fadenkreuz ökonomischer, ökologischer und auch sozialer Entwicklungen. Es war immer schwer auf Rügen, allein von der Fischerei zu leben. Darum haben viele nebenbei Landwirtschaft betrieben, Gaststätten eröffnet oder auch an Feriengäste vermietet. Einige wenige folgen dem Druck, sich zu diversifizieren, werden Sea Ranger und vermarkten ihren Fang direkt. Doch ihr Verdienst lässt sich heute noch weniger planen als früher. Überfischung geschieht durch große Trawler auf See und nicht durch kleine Kutter, die in den Boddengewässern fischen. Die stetig wachsende Population der Kormorane ist neben den Kegelrobben starke Konkurrenz um die Ressource Fisch. Nachhaltig haben die Boddenfischer schon immer gehandelt und die Schonzeiten respektiert, damit der Nachwuchs heranwachsen kann. Dennoch bekommen sie oft den „Schwarzen Peter“ zugeschoben. Auf die Faktoren, die nun ihren Beruf gefährden, haben sie wenig Einfluss.

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