Ausstellungen im Stadtmuseum Bergen
1. Mai 2024Regionalgeschichte auf dem Klosterhof in Bergen auf Rügen
Der Silberschatz von Schaprode
Seit Ende Februar 2024 wartet das Stadtmuseum mit einem neuen und besonderen Highlight innerhalb seiner Dauerausstellung auf: Ausgewählte Kopien des frühmittelalterlichen Silberschatzes von Schaprode, auch bekannt als Blauzahn-Schatz, der deutschlandweit großes Interesse weckte. Die Entdeckung des insgesamt ungefähr 1.650 kg schweren Ensembles geht auf emsige und umsichtig agierende, ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger von Rügen zurück. Am 29. Januar 2018 fanden René Schön und Luca Malaschnitschenko bei einer Begehung mit der Arbeitsgemeinschaft Bodendenkmalpflege Insel Rügen „De Ackerlöper“ erste Hinweise auf einen Hacksilberschatz bei Schaprode. Die systematische Bergung der mehr als 1920 umfassenden Einzelstücke erfolgte durch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern mit Unterstützung von Bodendenkmalpflegern.
Einen Großteil des Fundensembles machen die Münzen bzw. ihre Fragmente aus. Unter den 1498 vollständig oder bruchstückhaft erhaltenen Münzen verbergen sich unterschiedliche Prägungen. Von den überwiegend fragmentierten 697 Dirhams sind einige durchlocht oder mit einer Anhängeröse versehen. Als älteste Prägung wird ein Damaskus-Dirham von 714 angesprochen. Hinzu kommen 542 westeuropäische, englische und wenige byzantinische Münzen und Fragmente. An dänischen Münzen liegen 259 vollständige, gebrochene oder gefaltete Exemplare vor, wobei die Prägungen des dänischen Königs Harald Blauzahn (Reg. 958-986) besonderes Interesse hervorrufen. Zu den 129 Schmuckstücken gehören mehrere vollständige Halsringe aus Silberdraht und ihre Bruchstücke, sowie Armringfragmente, mindestens acht Ohrringe und 18 granulierte Silberperlen. Verschiedene scheibenförmige Anhänger mit Granulationsauflage, ein Anhänger in der Form eines Thorshammers, diverse Drahtstücke, strahlenförmige Barren und Fragmente davon ergänzen das Fundspektrum. Die Niederlegung des Hacksilberschatzes von Schaprode erfolgte vermutlich in den späten 980er Jahren.
Im Ostseegebiet wurden vom 9. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts zahlreiche Silberschätze vergraben. Diese Horte, das heißt bewusst in der Erde deponierte Niederlegungen, sind also aus skandinavischen und baltischen Gebieten bekannt. Aber auch im nördlichen westslawischen Raum wurden zahlreiche Silberschätze entdeckt. Vielfach wurden die Objekte zerschnitten und zerhackt, so dass Archäologen und Historiker von sogenanntem Hacksilber sprechen. Im Rahmen der Gewichtsgeldwirtschaft bestimmten Kaufleute das erforderliche Silbergewicht mit Klappwaagen und Wägestücken. Soweit bekannt, handelt es sich bei der Mehrzahl der Silberschätze eher um kleine, maximal 500 Gramm schwere Depots. Der Hort von Schaprode zählt zu den größeren Niederlegungen. Einige Silberschätze könnten aus Raub, Tribut- und Soldzahlungen stammen oder für Notzeiten angelegt worden sein. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sie größtenteils das persönliche Vermögen von Händlern darstellten, das über einen langen Zeitraum angespart wurde. Gleichzeitig weisen die zahlreichen Hacksilberschätze auf ein ausgedehntes Handelsnetzwerk der Slawen und Wikinger hin.
Im Stadtmuseum Bergen auf Rügen sind repräsentative Nachbildungen des originalen Silberhorts von Schaprode ausgestellt, die zuvor im Seefahrerhaus von Sellin zu sehen waren.
Autoren: Marika Emonds; René Schön
Depotausstellung „Dit un Dat“
Spannende Neuzugänge und „Wiederentdeckungen“ aus seinem Bestand stellt das Stadtmuseum in seiner kleinen Depotausstellung „Dit un Dat“ bis zum 13. September vor. Präsentiert werden ausgewählte Neuerwerbungen und Schenkungen zur Bergener Stadtgeschichte und zum historischen Leben auf der Insel Rügen.
So erhellen unterschiedliche Exponate, wie der bislang eher unbekannte Entwurf von Ulrich Müther aus dem Jahr 1969 zur geplanten Schwimmhalle, unterschiedliche Facetten Bergens. Historische Fotografien und Ansichtskarten dokumentieren Veränderungen im Stadtbild oder halten besondere Ereignisse fest. Die Bergener Molkerei mit dem berühmten „Rügener Badejungen“ ist hier ebenso zu nennen wie die Fotos von der 375-Jahr-Gedenkfeier. Archäologische Ausgrabungen erlauben streiflichtartige Einblicke in Strukturen, die ansonsten nur aus schriftlichen Quellen oder Bildzeugnissen bekannt sind. Während der Bauarbeiten zur Erneuerung der Ringstraße wurden im Jahr 2021 menschliche Skelette auf dem Areal des ehemaligen St. Jürgen-Hospitals entdeckt. Für die 44 häufig gestörten oder nicht vollständig erfassten Körpergräber konnten vielfach noch Reste von Särgen nachgewiesen werden. Mindestens zwei Kinder wurden auf diesem Friedhof zur Ruhe gebettet. Die größtenteils beigabenlosen Bestattungen erfolgten in der Neuzeit, vor allem vom 17. bis ins 19. Jahrhundert.
Eine besondere Überraschung stellte die Schenkung eines Repertoriums zum Bergener Kloster/Damenstift dar. In diesem Findbuch wurden rückwirkend Akten ab 1707 aufgenommen, der jüngste Eintrag behandelt die Jahre 1928 bis 1932. Die Einträge handeln u. a. von Zinszahlungen und Realabgaben in Form von Tieren, Getreiden, Holz, von Angelegenheiten mit der Stadt Bergen und von Urkunden. Registriert wurde das laufende oder noch nicht verzeichnete Aktenmaterial. Die Einträge können weitere Hinweise zur Stiftsgeschichte geben, die aufgrund des verlorenen Klosterarchivs bisher verborgen blieben. Das Repertorium wird voraussichtlich von Professor Dr. Mario Müller (Universität Hildesheim) transkribiert, so dass sein Inhalt zukünftig einem breiten Kreis von Interessenten zu Forschungszwecken zur Verfügung stehen wird.
Das Gedenken an historische Persönlichkeiten, die im Großen und Kleinen das Leben in Bergen und auf Rügen beeinflussten, gehört ebenfalls zu den Aufgaben des Stadtmuseums. In diesem Kontext sind Handwerker wie Wilhelm „Opa“ Range oder der Gendarmeriemeister Emil Buttke zu nennen. Das Schicksal des jüdischen Kaufmanns Albert Noack regt gerade in der heutigen Zeit zum Nachdenken an: Wahrscheinlich trieben ihn Antisemitismus, Entrechtung und zunehmende soziale Isolation 1933 in den Selbstmord. Auf der ausgestellten und im Jahr 2021 in die Sammlung übernommenen Königstafel wird Albert Noack noch im Jahr 1909 als Schützenkönig genannt. Im Februar 2021 schändeten Unbekannte zwei Stolpersteine, die ihm und Ida Noack gewidmet waren. Eine Neuverlegung dieser Gedenksteine wurde notwendig und die alten Steine gelangten in die Sammlung des Stadtmuseums.
Für den Aspekt Kunst und Künstler von Rügen steht stellvertretend ein Ölbild des Bergener Malers August Bogatzky, das durch einen Sieg im Schaufrisieren in Familienbesitz gelangte bevor es dem Stadtmuseum übergeben wurde. Der Maler August Bogatzky (1894-1950) lebte und arbeitete in Bergen auf Rügen. Schon in der Anfangsphase des Stadtmuseums rief dieser Künstler besonderes Interesse hervor, das bis heute anhält.
Die ausgewählten Exponate spiegeln das Leitbild des Hauses und seiner breit aufgestellten Sammlung wider: Geschichte für kommende Generationen zu bewahren und die Erinnerung an vergangene Personen und Lebensumstände zu erhalten. Die Vielfalt der präsentierten Objekte ermöglicht einen facettenreichen Einblick in die Geschichte und Kultur von Bergen und Rügen.
Autorin: Marika Emonds
Stadtmuseum Bergen
Billrothstraße 20A, 18528 Bergen auf Rügen
Öffnungszeiten: Mai-Oktober
Montag bis Freitag: 10.00 bis 16.30 Uhr
www.stadtmuseum-bergen-auf-ruegen.de